Rolf-Ulrich Kunze ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte am Institut für Philosophie des Karlsruher Instituts für Technologie. Im Wissenschaftsverlag des KIT ist soeben seine Publikation „Close Readings. Kulturgeschichtliche Interpretationen zu Bildern der wissenschaftlich-technischen Zivilisation im 20. Jahrhundert“ (Karlsruher Studien Technik und Kultur ; 7) erschienen. Im KSP Portrait erfahren Sie Näheres über Autor und Werk.
Weitere biographische Informationen und Kontaktdaten finden Sie am Ende dieses Beitrags.
1. Soeben ist Ihre Veröffentlichung „Close Readings. Kulturgeschichtliche Interpretationen zu Bildern der wissenschaftlich-technischen Zivilisation im 20. Jahrhundert“ erschienen: Wie würden sie den Inhalt in drei, vier Sätzen zusammenfassen?
Der Begriff ,close readings’ aus der amerikanischen Wissenschaftssprache beschreibt die ,dichte Interpretation’ von Quellen. In den Essays des Titels geht es um die exemplarische Interpretation von Bildquellen zur technischen Zivilisation im 20. Jahrhundert, die kulturgeschichtlich in den Kontext ihrer Zeit gestellt werden. Auf diese Weise wird auch ein Beitrag zur Etablierung des Forschungsfelds der Historischen Technikakzeptanzforschung am KIT geleistet.
2. Was war Ihre Motivation, wie kamen Sie zu diesem Thema?
Schon in mehreren KSP-Monograhien seit 2011 habe ich mich mit dem Thema der Historischen Technikakzeptanzforschung beschäftigt, die nach dem Prozess der Integration von Technik in das kulturelle Selbstverständnis und Identitätskonzept des Menschen der modernen Industriegesellschaft fragt. Bilder sind dafür eine Schlüsselquelle, mit der ich seit längerem gearbeitet habe und die nun ganz im Mittelpunkt dieser Arbeit steht. Die ausgezeichneten Produktionsbedingungen am KIT und bei KSP für diese Art von kulturgeschichtlicher Grundlagenforschung hat die Veröffentlichung ermöglicht.
3. Wie lange hat es gedauert von der Idee bis zum fertigen Manuskript?
Lustigerweise ziemlich genau neun Monate, was allerdings eher mit meiner Arbeitsweise im Verhältnis zu meinen sonstigen Dienstaufgaben in Forschung und Lehre zusammenhängt. Ich bin ein bekennender Anhänger der Sekte der ,Sofortisten’.
4. Stichwort „Manuskript“: Schreiben Sie an einem PC, Notebook, Tablet oder mit dem Stift?
Seit 1992 ausschließlich am PC bzw. Notebook. Für die Arbeit mit Bildern, die in den Text integriert werden, ist das sehr praktisch. Andererseits ist die damit verbundene Beschleunigung des Schreibens auch ein Problem. Das merke ich, wenn ich mich zwinge, einen Text wieder mit Stift und Papier zu schreiben.
5. Gibt es bestimmte Werkzeuge, Umstände oder Techniken, die Sie beim Schreiben als besonders hilfreich empfinden?
Allerdings, und zwar in der folgenden Reihenfolge:
- Nichterreichbarkeit per Telefon.
- Ein zehn Jahre alter, beim Discounter gekaufter Scanner für die Bilder.
- Geregelte Zufuhr von schwarzem Kaffee.
- Griffweite meiner Referenzbibliothek.
- Geringer Anfall von planwirtschaftlichen Pflichten bei der Studiengangsreform.
6. Was bereitet Ihnen beim Schreiben die größte Freude und was nervt sie dabei am meisten?
- Größte Freude: Flow. Der Text schreibt sich selbst
- Größter Schrecken: Vom Schreiben durch unsinnige und strukturell ergebnisneutrale Pflichten abgehalten zu werden. Sandschaufeln.
7. Wie entspannen Sie während des Schreibprozesses? Was tun Sie um abzuschalten, um sich zu erholen?
Das Schreiben ist die Erholung vom Sandschaufeln. Wichtige Anregungen bieten mir die Lehre in meinem Studiengang EUKLID, da sie nicht nur in Sternstunden thematisch direkt mit den Themen meiner Bücher zusammenhängen kann, und der Austausch mit ähnlich interessierten Kollegen.
8. Wenn Sie es sich wünschen dürften: Welchen Bestseller der Wissenschafts- oder Literaturgeschichte hätten Sie gerne selbst geschrieben?
- Wissenschaftsgeschichte: Johann Huizinga, Das Goldene Zeitalter – die Niederlande im 17. Jahrhundert (1930), div. Nachdrucke.
- Literaturgeschichte: John Steinbeck, The grapes of wrath, 1939.
9. Wenn Sie drei andere, aktuelle Veröffentlichungen zu ihrem Fachgebiet empfehlen dürften, welche drei wären das?
- Christopher Clark, Die Schlafwandler, 2013 Harvard University Press
- A. Iriye und J. Osterhammel, Geschichte der Welt, Bde. 1870 bis 1945 und 1945 bis heute, C.H. Beck, 2012 ff.
- Friso Wielenga, Geschichte der Niederlande, Stuttgart 2012
10. Sie haben Ihr Buch in „KIT Scientific Publishing“, dem Wissenschaftsverlag des KIT, veröffentlicht. Warum haben Sie sich für diesen Verlag entschieden?
Sehr einfach: Seit der Veröffentlichung meiner Dissertation 1996 bei einem großen Stuttgarter Wissenschaftsverlag habe ich mit mehr als 20 Verlagen zu tun gehabt. Bei keinem wurde ich als Autor so ernstgenommen wie bei KSP. Nicht nur das Preis-Leistungsverhältnis, sondern die Beziehung zum Verlag und seine ernsthafte, an Inhalten interessierte Innovationsorientierung machen KSP zu einer Erfahrung eigener Art, die jedem Autor nur zu wünschen ist.
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