Neue Ausstellung “Nothhülfe gegen Mangel aus Mißwachs”, ein botanischer Ratgeber aus dem Jahr 1817 von Carl Christian Gmelin” ab 23. Juni in der KIT-Bibliothek Süd
Den Titel dieses Buches könnte man in heutiger Sprache umschreiben mit “Was tun bei schlimmen Ernteausfällen?”. Dieses Buch aus dem Jahr 1817 ist es wert, wegen der drastischen Parallelen zum heutigen Rückgang der Biodiversität und zu den negativen Folgen des Klimawandels für die Land- und Forstwirtschaft, noch einmal neu gelesen zu werden.
Carl Christian Gmelin (1762-1837), Großherzogl. Badischer Geheimer Hofrat und Direktor des Naturkundemuseums sowie der Botanischen Gärten in Karlsruhe, veröffentlichte seinen Ratgeber in einer Zeit, in der das noch junge Großherzogtum Baden mit besonders schweren sozialen, ökonomischen, ökologischen und politischen Konflikten zu kämpfen hatte.
Man denke an die vorangegangenen Napoleonischen Kriege mit vielen Tausend Toten und zerstörten, bäuerlichen Existenzen, an die wirtschaftlichen Folgen der Kontinentalsperre gegen das Britische Empire und schließlich an die enorme Lebensmittelverknappung wegen der wetterbedingten Missernten in den Jahren 1816 und 1817, welche vom Tambora-Vulkanausbruch 1815 in Indonesien direkt verursacht wurden.
Die Intention des “Nothhülfe”-Buchs würde man im heutigen Wissenschaftsverständnis mit dem Begriff “Bioökonomie” versehen. Gmelin lässt die Unterscheidung zwischen Nutz- und Wildpflanzen einfach mal außen vor und lenkt das Augenmerk auf viele in der Natur vorkommende Pflanzen. Er gibt Tipps, welche Pflanzen man in welcher Zubereitung für die menschliche Ernährung verwenden kann und welche sich als Tierfutter eignen. Außerdem beschäftigt er sich mit der Haltbarmachung der (kargen) Ernteerträge. Neben der Nothhülfe-Buchvorstellung werden in der Ausstellung einige Original-Herbarbelege und Aquarelle von im Buch besprochenen Pflanzen aus Gmelins “Werkstatt” gezeigt. Außerdem werden Gmelins wichtigste Botanik-Bücher vorgestellt.
Ein besonderes Anliegen der Ausstellung ist die Beschäftigung mit der Frage: “Wie sind die Menschen im Raum Karlsruhe (Regierung, Bürokratie und Untertanen) mit den vielen Problemen umgegangen?” Ausschnitte aus historischen Zeitungen, Geschichtsbüchern und sonstigen Druckerzeugnissen vermitteln eine plastische Vorstellung vom öffentlichen Leben in Karlsruhe um 1817.
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt von KIT-Bibliothek, Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften, dem Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe und dem Freundeskreis Botanischer Garten am KIT e.V. Letzterer kümmert sich seit einigen Jahren um das wissenschaftlich-kulturelle Erbe der Karlsruher Botanik, insbesondere im Zusammenhang mit der seit der Stadtgründung gepflegten Botanischen Gartentradition.
Auf die meisten in der Ausstellung gezeigten Dokumente kann man auch online zugreifen. Dazu werden in den einzelnen Vitrinen QR-Codes bzw. Hyperlinks angeboten.
Ausführliche Informationen zur Ausstellung finden Sie ab dem 23.06.023 auf der Homepage der KIT-Bibliothek im Bereich “Ausstellungen, Tagungen und Aktionen”.
Die Eröffnungsveranstaltung findet am 23.06.2023, 15 Uhr im Vortragssaal der KIT-Bibliothek Süd (3. OG Neubau) statt. Im Anschluss kann die Ausstellung bei freiem Eintritt während der Servicezeiten (Montag-Donnerstag 9-19 Uhr, Freitag 9-15 Uhr) besucht werden; Personen mit einem gültigen Bibliotheksausweis können die Ausstellung rund um die Uhr besichtigen.